Beim Policy-based Routing wird die Zielroute (also die Gegenstelle, über die die Daten übertragen werden), nicht ausschließlich anhand der Ziel-IP-Adressen ausgewählt. Weitere Informationen wie z. B. der verwendete Dienst oder das verwendete Protokoll sowie Adressen von Absender oder Ziel der Datenpakete können für die Auswahl der Zielroute genutzt werden. Mit Hilfe von Policy-based Routing ist eine deutlich feinere Steuerung des Routing-Verhaltens möglich, z. B. in folgenden Anwendungsszenarien:
- Der gesamte Internetverkehr eines LANs wird über einen Proxy umgeleitet, ohne das Eintragen der Proxy-Adresse in den Browsern. Das Routing über den Proxy läuft unbemerkt für die Anwender ab, man spricht daher hier auch von einem „transparenten“ Proxy.
- Beim Load-Balancing wird der Datenverkehr für bestimmte Protokolle über einen bestimmten DSL-Port mit einem zusätzlichen externen ADSL-Modem geleitet.
- Ein Server im lokalen Netz, der über eine feste IP-Adresse aus dem WAN erreichbar sein sollte, wird über ein bestimmtes WAN-Interface geroutet.
- Der VPN-Verkehr wird mit dem Routing-Tag '0' durch einen VPN-Tunnel mit dynamischen Endpunkten geleitet, der restliche Internetverkehr der Firma wird mit einem entsprechenden Routing-Tag auf eine andere Firewall umgeleitet.
Um die Kanalauswahl aufgrund anderer Informationen als nur der Ziel-IP-Adresse zu entscheiden, werden geeignete Einträge in der Firewall angelegt. Den Firewall-Einträgen wird dabei ein spezielles „Routing-Tag“ zugefügt, mit dem über die Routing-Tabelle die gewünschte Kanalauswahl gesteuert werden kann. So wird z. B. über eine Regel dem gesamten Datenverkehr einer lokalen Rechnergruppe (entsprechend dem IP-Adress-Bereich) das Routing-Tag '2' angehängt. Alternativ definieren gezielt einige Protokolle ein anderes Routing-Tag.
Die Zeichnung zeigt die Anwendung des Policy-based Routing beim Load-Balancing:
- Beim Aufbau der Verbindungen prüft zunächst die Firewall, ob die anstehenden Pakete zu einer Regel passen, in der ein Routing-Tag enthalten ist. Das Routing-Tag wird in das Datenpaket eingetragen.
- Mit dem gefundenen Routing-Tag und der Ziel-IP-Adresse kann in der IP-Routing-Tabelle die passende Gegenstelle gefunden werden. Dazu wird die IP-Routing-Tabelle wie üblich von oben nach unten durchgearbeitet.
- Wird ein übereinstimmender Eintrag für das Netzwerk gefunden, wird im zweiten Schritt das Routing-Tag geprüft. Mit dem passenden Routing-Tag kann so die gewünschte Gegenstelle gefunden werden. Über die Gegenstelle kann das Gerät beim Load-Balancing aus der Gegenstellenliste den richtigen DSL-Port ermitteln.Anmerkung: Wenn das Routing-Tag den Wert „0“ hat (Default), dann gilt der Routing-Eintrag für alle Pakete.
- Interne Dienste verwenden implizit immer das Default-Tag. Wenn der Anwender z. B. die Default-Route durch einen VPN-Tunnel leiten will, der einen dynamischen Tunnelendpunkt hat, so nutzt das VPN-Modul standardmäßig die Default-Route mit dem Routing-Tag „0“. Um die Default-Route dennoch durch den VPN-Tunnel zu führen, legen Sie eine zweite Default-Route mit dem Routing-Tag „1“ und der VPN-Gegenstelle als Router-Namen an. Mit einer passenden Firewall-Regel übertragen Sie alle Dienste von allen Quell-Stationen zu allen Ziel-Stationen mit dem Routing-Tag „1“.
- Routing-Tags und RIP: Das Routing-Tag wird auch in RIP-Paketen versendet und beim Empfang ausgewertet, damit z. B. die geänderten Distanzen in den richtigen Routen geändert werden können.